First Responder Einheit

Bad Dürrenberg - Wenn jede Minute zählt

21.33 Uhr geht ein Notruf bei der Leitstelle ein. Nur sechs Minuten später ist eine Gruppe der Freiwilligen Feuerwehr in Bad Dürrenberg vor Ort und übernimmt die Reanimation einer Frau mit Herzstillstand. Ihr Partner hat bis dahin unter Anleitung der Leitstelle versucht sie wiederzubeleben. Ein paar Minuten später trifft der Rettungsdienst ein und übernimmt von den Feuerwehrleuten. Die Frau kommt mit einem Herzschlag ins Krankenhaus. Es ist ein Paradebeispiel, wie eine neue Einheit der Freiwilligen Feuerwehr in Bad Dürrenberg seit Anfang des Jahres in lebensbedrohlichen Notfällen unterstützen will. Das war nur einer von vier Einsätzen bislang.

Die Gruppe der Feuerwehr nennt sich First Responder (zu Deutsch: Ersthelfer vor Ort) und ist die erste spezialisierte Einheit dieser Art im Saalekreis. Sechs Mitglieder der Tollwitzer Ortswehr und neun aus Bad Dürrenberg wollen in Notfällen helfen. Zwei bis vier von ihnen sollen mindestens ausrücken können. Ihr Vorteil: Sie sind schnell am Einsatzort. Das Modell ist in Deutschland zwar nicht neu, aber in vielen ostdeutschen Bundesländern entwickelt es sich nur zaghaft. Kai-Uwe Lohse, Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbandes in Sachsen-Anhalt, kennt selbst nur Einzelfälle.

Im Fall von Bad Dürrenberg wurde ein enger Rahmen gesteckt, wann die Ehrenamtlichen zu alarmieren sind. „Nur wenn der Rettungswagen nicht da ist und es sich um eine lebensbedrohliche Situation handelt, sollen wir kommen“, erklärt Daniel Bucks, stellvertretender Ortswehrleiter in Bad Dürrenberg und einer der Initiatoren. Sie überbrücken die Zeit zwischen Notruf und Eintreffen des Rettungsdienstes. Denn egal wie viele Rettungswagen man in einer Stadt vorhält, irgendwann sind sie wegen anderer Einsätze nicht verfügbar. „Werden in einem solchen Fall Rettungswagen aus Günthersdorf, Merseburg oder Weißenfels alarmiert, brauchen die zwischen 13 und 22 Minuten.“

„Studien zeigen aber, mit jeder Minute, die ein Mensch mit Herzstillstand nicht reanimiert wird, sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent“, erklärt Robin Elze, Ortswehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Tollwitz. Er ist ebenso Initiator der First Responder und Lehrausbilder im Rettungsdienst. Seiner Erfahrung nach haben viele Menschen Hemmungen wenn es um Erste Hilfe geht. Der Deutsche Rat für Wiederbelebung hat in Erhebungen festgestellt, dass die Laienreanimationsquote 2012 in Deutschland bei 20 Prozent lag, 2017 immerhin bei 42 Prozent. Andere europäische Länder kommen auf bis zu 75 Prozent. An diesem Punkt wollen die First Responder, deren Einsatz für Patienten kostenfrei ist, ansetzen.

Dafür hat die Leitstelle ein eigenes Stichwort hinterlegt. „Das heißt, es wird nicht die gesamte Feuerwehr alarmiert, sondern nur diese Gruppe“, so Bucks. Auch die Sirene wird nicht genutzt, sie erhalten die Alarmierung auf ihren Piepser. Mit kleinen Fahrzeugen und einem Rettungsrucksack samt Defibrillator rücken die Ersthelfer aus. Sie alle haben mindestens die Ausbildung zum Ersthelfer, manche zusätzlich als Rettungssanitäter oder auch als Rettungsassistent, andere sind angehende Notfallsanitäter. „Darüber hinaus wollen wir uns in diesem Bereich auch weiter schulen“, so Elze.

Gleichzeitig, so betont Stadtwehrleiter Peter Theile, will die Einheit keine Konkurrenz zum Rettungsdienst sein, sondern nur ein zusätzliches Angebot. Auch der Landkreis verdeutlicht, dass die Ersthelfer nicht in die Statistik des Rettungsdienstes einfließen. Sie transportieren keine Patienten und leiten keine invasiven Maßnahmen ein. Es gehe lediglich darum, die Zeitspanne zu verkürzen, in der ein Mensch womöglich ohne lebenserhaltende Maßnahmen ist. „Wir können nur gewinnen“, so Theile. Dennoch handelt es sich um Ehrenamtliche, die aufgrund eigener Verpflichtungen nicht immer da sein können. „Wir sind daher keine planbare Einheit“, so Bucks.

(mz)-Melain van Alst